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Von den Eigenheiten der Norwegern.

Nach mittlerweile der einen oder andere Norwegen-Reise und verbesserten Kenntnissen in der norwegischen Sprache, lerne ich die Eigenheiten der Norweger stets ein wenig besser kennen. So staune ich zwar immer wieder – beispielsweise wenn die Norweger bei gefühlten Minus 10 Grad ihr ‚obligatorisches‘ Eis genüsslich verspeisen – doch bei jeder Reise werden diese speziellen Eigenheiten vertrauter. Gerne gebe ich deshalb meine Erfahrungen weiter, die erwähnten Eigenschaften sind jedoch logischweise nicht abschliessend und sind natürlich nicht auf alle Norweger übertragbar 🙂

Im Sommer isst man Eis – egal was für Temperaturen herrschen

Willst du irgendwo erkennen, ob es sich bei den Personen um Norweger oder Touristen handelt? Schaue einfach, ob diese gerade ein Eis (norwegisch: is) verspeisen. Denn die Norweger können zu jeden Wetterbedingungen, jeder Temperatur und Tageszeit ein Eis essen, es ist ja schliesslich Sommer. So stehe ich bei schlechtem Wetter oft frierend in der Gegend herum und verspüre mehr Lust nach einem heissen Tee statt der eiskalten Süssigkeit – und rund um mich herum werden Soft Ice in allen möglichen bunten Variationen bestellt und genüsslich verschlungen. Die spinnen doch die Norweger sage ich mir da innerlich …

Das Gipfelbuch ist heilig

Gehen Norweger einen Gipfel hoch um die Aussicht zu bestaunen? Man könnte meinen, die Antwort lautet Nein. Denn kaum haben die Norweger einen Hügel oder Berg erklommen, gilt es hektisch das Gipfelbuch zu suchen, den Namen & Zeit einzutragen und schon sind sie wieder verschwunden. Natürlich leicht übertrieben, aber so im Kern doch wahr. Fast auf jedem kleinen Hügel versteckt sich auf dem Gipfel ein kleines Buch oder Heft – verpackt in einer Plastiktüte. Und dort gilt es selbstverständlich sich einzutragen. Und wenn das nicht schon genug Motivation sein sollte, hat fast jede Kommune einen Anreiz geschaffen, ihre Einwohner noch fleissiger die Berge erklimmen zu lassen. ‚Ti på topp‘ (Zehn Gipfel), ‚Trimpoeng‘ (Fitnesspunkte) oder wie die Motivationsspritzen auch heissen mögen. Das Ziel ist immer das Gleiche: ausgewählte Gipfel haben je nach Schwierigkeitsstufen eine gewisse Anzahl Punkte zugewiesen. Entweder gilt es dann, am meisten Punkte zu sammeln oder bisschen die lockerere Variante: erklimme einfach 10 der gelisteten Berge und du kommst in eine Verlosung mit mehr oder weniger tollen Preisen. Wir haben das natürlich auch gleich anwenden wollen und haben in unseren letzten Ferien ‚Ti på topp‘ als Ziel gesetzt. Zwar verteilt auf Wanderungen über halb Norwegen und nicht auf eine Gemeinde bezogen, aber schlussendlich zählt ja der Gedanke. Hier meine 10 Beweisfotos 🙂

Wandernde Norweger erkennt man schon von Weitem

Wenn wir schon beim Gipfelerlebnis sind: Hier sieht man nicht nur die Unterschiede beim Eintragen in ein Gipfelbuch, sondern auch schon beim Outfit. Hat ein entgegenkommender Wanderer kurze Hosen an (oder die Frauen sportliche 2XU Leggins), ja keine hohen Wanderschuhe, kein Wanderrucksack, nur ein stets farbiges Wind Jäckchen um sich geschlungen und grüsst mit einem herzlichen ‚hei sann‘, dann muss es einfach ein Norweger sein. Und nicht zu vergessen: sind kleine und überaus motivierte Kinder bei noch so steilen und abenteuerlichen Wegen mit von Partie: definitiv Norweger …

Die Norwegische Flagge

Ein heikles Thema. Aber ist dir schon aufgefallen, das man in Norwegen kaum eine ‚richtige‘ Norwegen Flagge sieht? Mit richtig meine ich eine grosse, rechteckige Flagge. ‚Nur‘ die kleinen dreieckigen Wimpel hängen omnipräsent an meist frisch gestrichenen weissen Flaggenstangen. Der Grund: die Norwegische Flagge darf nur bei speziellen Anlässen draussen wehen. Fährt man beispielsweise durch ein Dorf und sieht mehrere Flaggen, so geht es nicht lange und man trifft sicher auf eine Hochzeitsgesellschaft oder sieht eine grosse Geburtstagsparty in einem der Gärten. Hängt die Flagge auf Halbmast, so ist meist leider eine Beerdigung nicht weit weg. Und ganz wichtig: die Flagge darf nur am Tage wehen, erst bei Sonnenaufgang darf sie gehisst werden und bei Sonnenuntergang soll die gefälligst wieder behutsam eingeholt und versorgt werden.

Motor abstellen? Nei, takk

Geht man in Norwegen einkaufen, so fällt einem schnell mal auf. Die Norweger haben es nicht so mit dem Motor abstellen beim Parkieren. Überall stehen Autos mit laufendem Motor (am besten direkt vor dem Eingang eines Einkaufszentrums platziert), egal ob der Besitzer kurz (oder auch mal länger) einkaufen ging oder weil er ein Eis am verspeisen ist im Auto. Wohlvermerkt, nicht nur wenn es draussen kalt wäre und man deshalb lieber im warmen Auto sitzt.

Pølse, pølse und pølse i vafle

Das norwegische Würstchen (eben die sogenannte pølse) ist in Norwegen allgegenwärtig. Für ein paar wenige Franken bekommt man dieses inmitten eines schlabrigen Brötchens an Tankstellen, auf Fähren, Kiosken, oder besser gesagt eigentlich überall – und jederzeit. Und wem das noch nicht genug ist: das Würstchen kann man auch eingepackt in einer süssen Waffel haben – Ketchup oder Senf inklusive. Auf ein Foto dazu verzichte ich deshalb gerne hier …

Von Fähren und ‚Sveler‘

Und wenn wir schon bei Essen sind. Auf Fähren in den Westfjorden scheint es den Norwegern ihr Recht zu sein, frische Sveler (Norwegische Pfannkuchen mit Butter, Nutella oder ihrem geliebten ‚Brunost‘ Käse) zu essen. So gab es doch tatsächlich im 2020 eine Rechtsprechung, welche der Besatzung einer Fähre eine nicht unerhebliche Busse aufbrummte, weil sie sich weigerten frische Sveler anzubieten, respektive im Selbstbedienungs-Automaten nachzufüllen. Immerhin ist anzumerken: die Sveler sind im Gegensatz zu den Würstchen sehr empfehlenswert. Dazu passt ein norwegischer Filterkaffe mit påfyll (Nachfüllen gratis), hat man keine zu hohen Kaffee-Ansprüche. Aber letzteres sollte man in Norwegen sowieso nicht haben …

Hyttetur

Fährt man an einem Freitagnachmittag Richtung Oslo, so denkt man unweigerlich an eine stattfindende Apokalypse. Tausende Autos strömen aus der Stadt heraus. Ihr Ziel? Fast jeder Norweger scheint irgendwo eine Hütte zu besitzen. Und dort fährt man halt ‚kurz‘ übers Wochenende hin (dra på hytta heisst das dann), egal ob sich diese Hütte fast am anderen Ende Norwegens befindet. Ja da schwingt bisschen Neid mit, das gebe ich gerne zu, so hätte ich doch gerne auch so eine ‚koselige‘ (gemütliche) und abgelegene Hütte.

Beeren statt Pilze

Als begeisterte Steinpilzsammlerin ist Norwegen ein Paradies. Die Norweger haben definitiv eine lange Beeren-Kultur und so sammeln sie körbeweise Beeren. Pilzen dagegen wird (noch) kaum Beachtung geschenkt, was mein Herz besonders freut. So kann man meist unzählige schöne Steinpilz-Exemplare sammeln – und diese stehen nicht selten an einem viel frequentierten Wanderweg. In der Schweiz wären diese Steinpilze zu 100% schon in fremden Körbchen gelanden, in Norwegen landen sie gerne und oft in unseren Mägen.

Steinpliz

Und zum Schluss noch dies …

Es ist zwar keine Eigenheit der Norweger sondern von Norwegen selber.  Immer mal wieder werde ich gefragt: was ist denn so speziell an Norwegen, dass du gefühlt alle paar Wochen nach Norwegen reist? Und nebst beispielsweise der für mich genialen Sprache, der faszinierenden Weite, der vielseitigen Fauna, der Unkompliziertheit, nenne ich stets die Lichtverhältnisse. Immer wieder staune ich aufs Neue über die Morgen- und Abendstimmungen. Dieses Jahr konnte ich und mein Freund es kaum fassen, welche unglaublich schöne Stimmung wir in der Nähe von Honningsvåg von unserem Zelt aus erleben durften. Dazu bedarf es auch gar keine weiteren Worte, sondern da lasse ich gerne Bilder sprechen.

Hast auch du Erfahrungen gemacht mit den Eigenheiten der Norweger? Schreibe gerne einen Kommentar, takk skal du ha 🙂

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