Skip to main content

Ein Wochenende im Luzerner Eigenthal: Erholen, Innehalten, Wandern, Pilze suchen, Geniessen, Geschichte erfahren.

Eins vorweg: Berglöwen gibt es natürlich nicht im Eigenthal. Doch scheint der Ort für ausländische Gäste eine solche Atmosphäre auszustrahlen, dass diese meinen, Berglöwen zu begegnen auf Wanderungen. Für mich ist das Eigenthal dafür ein Ort, wo man sich sofort willkommen fühlt.
‚Wo liegt bloss das Eigenthal?‘ mag sich jetzt sicher der eine oder andere fragen. Falls man nun an seinen topographischen Kenntnissen zweifeln sollte: bis vor Kurzen hatte ich trotz 2-jährigem Luzern-Wohnsitz noch nie vom Eigenthal gehört. Das Tal liegt am Nordfuss des Pilatus und ist nur wenige Kilometer von Luzern entfernt. Das mir völlig unbekannte Eigenthal wollte ich deshalb erkunden. Ein Wochenende war jedoch viel zu kurz für all die Schönheiten und spätestens im Winter bin ich zurück im Eigenthal – inklusive Langlaufskis im Gepäck.

Anfahrt:

Das zentralschweizer Wandergebiet ca. 10 km südwestlich der Stadt Luzern wird mit der Postauto-Linie 71 ab Luzern bedient. In 40 Minuten entflieht man dem Touristen-Gewusel der Stadt Luzern und das Postauto windet sich mit unüberhörbaren ‚TüTaTo’s Höhenmeter um Höhenmeter hinauf ins ca. 1000 m ü.M gelegene Eigenthal. Bei der Wallfahrtskirche Hergiswald erklingt neben dem TüTaTo auch noch ein ‚Oohh‘ und eine ältere Dame erzwingt einen Photostopp – das Flehen des Chauffeurs, die Verspätung aufholen zu wollen, ignoriert die Dame charmant. Einige Minuten später wird die Endhaltestelle Eigenthal Talboden erreicht und wir stehen mittendrin in der Idylle.

Übernachten und Speisen

Beim Hotel/Restaurant Hammer bietet sich das Wortspiel ‚Das Hotel Hammer ist der Hammer‘ je eigentlich nur so an. Tatsächlich ist dieses Wortspiel aber auch gleich mein Fazit: Vom ersten Moment an fühlt man sich wohl im geschichtsträchtigen und familiären Hotel – sei es in den heimelig eingerichteten Zimmern, im urchigen Stübli oder im gemütlichen Lesezimmer. Die über 100 jährige Geschichte des Hotels wird nicht nur auf zahlreichen Bildern erzählt, auch die knarrenden Holzdielen sprechen für sich. Die Gastgeberin Frau Hammer erklärt zudem gerne und spannend von der Familientradition und so könnte man vor lauter Geschichten fast die fein gebratene und regional aus dem Rümlig-Bach gefangene Forelle auf dem Teller vergessen. Doch der Duft holt einem wieder in die Realität und Gegenwart zurück und so geniesst man ein wunderbares Mahl inmitten einer wunderschönen Berg-Kulisse.
Der Start ist den neuen Tag versüsst einem ein hervorragendes Frühstück – einladend von der aufgstellten Bedienung auf einer Etagère präsentiert und voller regionaler Leckereien. Wohl ernährt steht einer Wanderung somit nichts mehr im Wege.

Wandern:

Das Wetter meint es nur mässig gut mit uns, den Pilatus haben wir aufgrund von Nebelschwaden noch nicht zu Gesicht bekommen und die Wege sind noch durchtränkt vom Regen. Diese Konstellation veranlasst uns eher eine kürzere Wanderung ohne zu viele Höhenmeter zu unternehmen und der Entscheid ist gefallen, die Rundwanderung vom Eigenthal Talboden zur Alp Unterlauelen und Oberlauelen unter die Füsse zu nehmen. Die Panoramakarte vom Eigenthal studierend plane ich aber insgeheim schon einen nächsten Ausflug. Denn der Weg hoch zum Pilatus, zum herzig klingenden Mittaggüpfi, dem vom Namen eigentlich passenden Regenflüehli, der Studberg oder die Rümligschlucht hören sich zu verlockend an und sind somit auf meiner Wunschliste für ein anderes Mal notiert.

  • Start und Ende: Direkt vor dem Hotel Hammer startet und endet der Wanderweg
  • Via: Gantersei (988 m) – Unterlauelen (1063 m) – Oberlauelen (1330 m) – Chräigütsch (1081 m)
  • Zeit: ca. 3 h
  • Höhendifferenz: 455 m Aufstieg/Abstieg
  • Kilometer: 9km
  • Belag: Pfad 3,8 km Weg 3,4 kmAsphalt 1,5 km
  • Wandervolk: sehr ruhige Wanderung mit nur wenigen kreuzenden Wanderer. Ob dies dem mässig gutem Wetter geschuldet ist oder nicht, ist schwierig zu sagen. Die Wanderer waren jedenfalls fast alles Touristen aus dem Ausland und denen schien die fehlende Aussicht auf den Pilatus nicht so viel auszumachen – das Panorama ist ja auch ohne Pilatus wahrlich schon eindrücklich genug
  • Tiervolk: schon einige Meter nach Start der Wanderung haben wir einen Hirsch am Waldrand entdeckt und wenn der Blick durch den Feldstecher nicht täuschte auch eine Gämse. Steinböcke soll es auch haben, diese sind aber eher Richtung in Wolken eingehülltem Pilatus einzuordnen. Ansonsten trifft man auf der Wanderung auf der sehr schönen und innovativen Alp Unterlauelen auf zwei neugierige Esel, Schafe und auf dem Weg hoch zur Oberlauelen auf die fast schon obligaten und scheinbar zufriedenen Kühe. Zudem muss man aufpassen, nicht einer der überraschend vielen Weinbergschnecken am Waldrand zu zertreten
  • Pilze: eigentlich ist meine Angabe der Wanderzeit geschummelt. Wir brauchten nicht die offiziellen drei Stunden, sondern deren fünf. Dies ist geschuldet der grossen Anzahl an Pilzen. Ein Meter vor und ein Meter nach rechts oder links war das Motto. Die Ausbeute waren Steinpilze, ein Maronenröhrling und zahlreiche Hexenröhrlinge (ob nun ein Flocken- oder Netzstieliger scheiden sich die Geister) und vereinzelte Eierschwämme
  • Highlights: die Aussicht ins Entlebuch, der ‚Schaukeldom‘ (4er Gireitsli) auf dem Chräigütsch und die bereits erwähnten Pilze
  • Einkehren: die Alpwirtschaft Unterlauelen lädt zum Einkehren ein. Zudem lockt ein Stallrundgang und der abschliessende Besuch im Alp-Lädeli.
    Und zum Schluss darf ein leckeres Dessert und ein verdienter Suure Most auf der Terasse des Hotels Hammer nicht fehlen.

Auf der Tropfen-Skala

  • Schweisstropfen: 2 von 5. Kurzer und knackiger Anstieg hoch zur Alp Oberlauelen
    tropfen Arniseetropfen Arniseetropfen grau Arniseetropfen grau ArniseeTropfen-Skala
  • Angsttropfen: 1 von 5. Bei Nässe ist der Weg hinunter zur Chraigütsch aufgrund der zahlreichen nassen Wurzeln nicht ganz Ohne. Sofern man aber konzentriert ist und nicht ständig den Pilzen nachsieht, ist der gut machbar
    tropfen Arniseetropfen grau Arniseetropfen grau Arniseetropfen grau Arniseetropfen grau Arnisee

Details

Maximale Höhe: 1364 m
Minimale Höhe: 984 m
Download file: t111965319_tourenplanung am 13. august 2017.gpx

Impressionen

Und zum Schluss noch dies: der Unterschied vom ruhigen Eigenthal zur Endhaltestelle am Luzerner Bahnhof könnte fast nicht grösser sein. Quasi von der heilen Welt zurück ins richtige, stressige Leben.

Deshalb anbei noch ein sehr passendes Gedicht von Joseph Beuys, welches Frau Hammer zitiert hat und bei der Schaukel Chräigütsch zum Nachdenken anregen soll:

Jeder Mensch ist ein Künstler
Lass Dich fallen.
Lerne Schnecken zu beobachten.
Pflanze unmögliche Gärten.
Lade jemand Gefährlichen zum Tee ein.
Fertige kleine Zeichen, die „ja“ sagen
und verteile sie überall in Deinem Haus.

Werde ein Freund von Freiheit und Unsicherheit.
Freue Dich auf Träume.
Weine bei Kinofilmen,
schaukle so hoch Du kannst mit einer Schaukel bei Mondlicht.

Pflege verschiedene Stimmungen,
verweigere Dich, „verantwortlich zu sein“ – tu es aus Liebe!
Mache eine Menge Nickerchen.
Gib Geld weiter. Tu es jetzt. Das Geld wird folgen.
Glaube an Zauberei, lache eine Menge.
Bade im Mondschein.

Träume wilde, phantasievolle Träume.
Zeichne auf die Wände.
Lies jeden Tag.
Stell Dir vor, Du könntest zaubern
Kichere mit Kindern. Höre alten Leuten zu.
Öffne Dich. Tauche ein. Sei frei. Schätze Dich selbst.

Lass die Angst fallen, spiele mit allem.
Unterhalte das Kind in Dir. Du bist unschuldig.
Baue eine Burg aus Decken. Werde nass. Umarme Bäume.
Schreibe Liebesbriefe.

Diesen Beitrag kommentieren One Comment

  • Rolf sagt:

    Hallo Sabrina
    Ich bin sehr angetan von einen Beiträgen, von deinen Fotos und dem ganzen Aufbau deines Blogs.
    Bin selber auch oft auf den Wegen rund um den Pilatus unterwegs. Wer weiss, vielleicht trifft man sich einmal.
    Alle Gute und noch viele schöne Wanderungen und Reisen.
    Rolf

Kommentar verfassen